Die gute alte Bahn

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Deutsche Reichsbahn

Jetzt, da die GDL wieder Streiks angekündigt hat und Ver.di auch nicht zimperlich ist und „erfolgreich“ den Nahverkehr hier in der Umgebung bestreikt, kommt man doch wieder ins Nachdenken über alternative Transportmöglichkeiten. Bei der Gelegenheit finde ich die Äußerung „erfolgreicher Streik“ doch recht zynisch, da diejenigen die drunter leiden die Kunden des öffentlichen Dienstes sind (kurz ICH). In meinem Falle die Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs. Man ist da ja auch so freundlich erst den Nachmittag vorher anzukündigen das es Morgen so weit ist (natürlich den kompletten morgendlichen Berufsverkehr über) damit niemand darauf reagieren kann. Danke liebe Streikenden, so gewinnt man Sympathien in der Bevölkerung. Bei mir war der Streik dann in sofern vollkommen erfolgreich, als das vom ursprünglichen Verständnis für die Forderungen (die ich aber doch schon anfangs für etwas überzogen hielt, fast 10% ist schon ganz ordentlich, kriege ich bei meinem Chef nicht, obwohl wir was erwirtschaften) nichts mehr geblieben ist.
Wer seinen Kunden jede Möglichkeit zur Reaktion nehmen möchte und das dann auch noch als Erfolg wertet, na ja der hat kaum das bisher Angebotene verdient. Aber das ist ja nur meine persönliche Meinung, die ist für einen Ausgang der Verhandlungen eh nicht relevant, sie sollen es auf die eine oder andere Art nur schnell über die Bühne bringen damit ich mich auf meinen Bus verlassen kann…

Aber darum ging es mir hier ja eigentlich gar nicht. Ich bin einer von denen die gern mit Bus und Bahn fahren, so sie denn eine akzeptable Alternative anbieten und hier im Rhein/Main Gebiet tun sie das auf jeden Fall. Dank steigender Benzinpreise tun sie das aber über weite Strecken auch im Vergleich zwischen Bahn und Auto. Wir fahren mittlerweile wieder vermehrt Bahn weil es einfach schneller geht und günstiger ist als mit dem Auto. Mein Sohn fährt eh lieber Bahn weil da mehr los ist. Autos hat er jeden Tag, aber so ein ICE aus dem man Vorne herausschauen kann, da gibt es eher seltener. Auf seine Forderung hin habe ich dann auch alte Bücher aus meiner Jugend rausgekramt, irgendwann war ich ja auch jung und haben uns die alten Dampf- und Dieselloks angeschaut. Schön für ihn da er mit Dampfloks kaum etwas anfangen kann, es gibt zwar ab und an mal welche zu sehen, aber eher selten sieht man sie fahren oder sonst wie unter Dampf. Ich für meinen Teil habe zurück gedacht als ich in seinem Alter war. In der damaligen DDR waren Dampfloks sehr viel länger im Einsatz als sie das hier „im Westen“ waren. Ich erinnere mich das es in meiner Jugend noch richtigen Routine Betrieb mit Dampfloks gab. Auf dem Weg in den Kindergarten mussten ich mit meiner Mutter immer über eine Eisenbahnbrücke und wie sehr hat man sich gewünscht das genau jetzt ein kommt und man vom Dampf und Ruß eingenebelt wird.
Besonders bemerkenswert war dann auch das aus einem meiner alten Bücher ein Satz Fahrkarten viel. So lange wie ich denken kann sind wir während der Winterferien immer mit der Bahn zu meinen Großeltern ins Erzgebirge gefahren. Mir ist auch in Erinnerung geblieben wie mühselig das war. Damals hieß das fast neun Stunden in den nicht so wirklich komfortablen Zügen der Deutschen Reichsbahn. Wir sind da von Schwerin über Wittenberge, Magdeburg und Halle nach Leipzig. In Leipzig hieß es dann umsteigen und entweder nach Karl-Marx-Stadt (Heute besser bekannt als Chemnitz) oder nach Zwickau und dann letztendlich nach nochmaligem Umsteigen im Bummelzug nach St. Egidien zu fahren, dem Wohnort meiner Großeltern.
Heute geht das etwas schneller, nämlich gute drei Stunden schneller und man fährt auch eine ganz andere Route. Von Schwerin aus über Berlin nach Dresden und dann mit dem Wald-und-Wiesen-Express ans Ziel. Vermeindlich viel weiter aber doch viel schneller.

Eine schöne Erinnerung die Fahrkarten, ich werde sie wohl meiner Mutter schenken, die hat sich damals mit meinem Bruder und mir abmühen müssen. So richtig pflegeleicht waren wir sicher nicht. 1987 war das sicher schon recht erträglich, aber ich erinnere mich auch an Zeiten in denen ich sieben oder acht war und mein Bruder entsprechend vier Jahre jünger.

Trotzdem es damals länger gedauert hat, war doch das Gefühl ganz anders. Umspannen von Diesel auf Strom und überall dampfte es. In den Bummelzügen waren fast immer die Leitungen der Dampfheizungen nicht dicht, man konnte die Heizung also riechen. Die Züge liefen nicht annähernd so ruhig wie sie das Heute tun (was wohl auch der Grund war das sie kaum an die 100km/h heran kamen, es sich aber anfühlte wie mindesten 200km/h), Eisenbahn war lebendiger, irgendwie intimer.
Die Bahn Heute ist zwar um vieles moderner und schneller geworden, aber eben auch auch um vieles steriler. Kaum ein Zugbegleiter von dem man mal ein freundliches Wort hört oder den man mal in ein Gespräch verwickeln kann. Bahnbedienstete sieht man auf den Bahnhöfen auch immer weniger (und wenn dann sind diese meist der Sicherheit als dem Service zugeordnet). Ich meine das ist nicht unbedingt schlechter nur anders. Vielleicht liegt es auch daran das ich einfach älter geworden bin und Reisen einfach eine Selbstverständlichkeit für mich geworden ist.

Na ja, demnächst geht es wieder nach Westen zu meinem Bruder, da freut sich mein kleiner Mann schon jetzt auf die Fahrt von Wiesbaden nach Köln direkt hinter der „Pilotenkanzel“ und dann geht es ab mit 300km/h…

:)

PS.: Nur für den aufmerksamen Betrachter, der Preis der Reisen damals treibt mir Heute die Tränen in die Augen.