
Na ja ich ja nun doch etwas mehr Zeit als die meisten meiner Freunde und Bekannten hier verbracht habe, wahrscheinlich mehr als alle zusammen, führt das Gespräch gern mal in die Richtung wie es denn hier so sei, mal von der fotografischen Perspektive abgesehen. Kentucky, Ohio und Indiana haben ja nun nicht unbedingt den Ruf der Urlaubsregion hier in den USA und liegen ausserdem auch nicht unbedingt in der landschaftlich spannendsten Region des mittleren Westens… Was soll ich sagen, all das stimmt, die oberflächlich spannenden Punkte über Cincinnati hat man an einem Wochenende erkundet und die nächsten, grösseren kulturellen Attraktionen wie Daniel Boone State Park oder Mammoth Caves National Park, liegen mindestens 3 Stunden von hier entfernt. Mit Städten in der Größe Cincinnatis sieht aus nicht so gut aus, Indianapolis liegt 2 Stunden entfernt, Louisville und Columbus jeweils 1 Stunde, aber wirklich viel mehr gibt es dort auch nicht su sehen, im Gegenteil.
Also bleiben die kleinere State Parks und das was die Stadt selbst zu bieten hat. Auf dem zweiten, nicht so oberflächlichen Blick, ist das eine ganze Menge. Wie in jeder grösseren Stadt in den USA gibt es Viertel die man eher meidet und so man sie dann doch durchqueren muss, drückt man lieber den Schalter für die Türverriegelung. Andere sind hingegen sehr schön und Gedanken darüber das man sich hier sehr wohl ein Haus als Eigentum und Wohnsitz vorstellen kann kommen auf, Madeira sei da mal genannt. AUf der Route findet man dann auch den einen oder anderen Park den (ich) man fast automatisch ansteuert und auch da kommt mit der Zeit das Gefühl auf, das es zum einen sehr viele Parkanlagen gibt und zum anderen das ich es mir auch hier vorstellen könnte mit meinen beiden Kleinen öfter zum Spielen zu gehen. Alle Parks die ich besucht habe waren gut besucht und eben auch sehr gepflegt. Ich für meinen Teil habe auf jeden Fall viel Zeit in den Parks verbracht, zum Fotografieren, aber auch einfach nur um einen Tag in Ruhe lesend im Freien zu verbringen.
Was die Aufenthalte hier zusätzlich noch sehr angenehm macht und gemacht hat, ist der Fakt ds es hier relativ viele Anwohner deutscher Abstammung gibt, faktisch gibt es Zeiten da man das Gefühl hat jeder den man anspricht oder der einen Anspricht hat deutsche Verwandtschaft oder deutsche Vorfahren. Bedeutet das man schnell Gesprächspartner zu fast allen Themen findet und natürlich auch schnell Tipps zu allen möglichen, meist mehr durch Vorurteile als durch Fakten geprägten, Themen. So ist die Nahrungsmittelversorgung hier vergleichsweise gut. Es gibt hier sehr viele Farmen im Umland auf denen man meist direkt Gemüse und Obst kaufen kann. Bei mir hoch im Kurs sind die Amish Farmen, da steht nicht nur “naturbelassen” oder “aus ökologischem Anbau” drauf, sondern es ist ökologisch angebaut, einfach bedingt durch die Lebensweise der Amish. Ich bin auf jeden Fall öfter auf den Amish Märkten gewesen um mich mit frischen Tomaten und “echtem” Käse einzudecken, vom leckeren Brot ganz zu schweigen. Viele der Amish sind auch deutschstämmig und ab und an konnte ich meine Deutschkenntnisse wieder auffrischen. Das gibt es wirklich nicht überall. Für diejenigen die es hierher verschlägt und die dann nicht nur auf Interstates unterwegs sind, aufpassen, die Amish sind hier meist in Pferdekutschen unterwegs die nicht annähernd die durchschnittlichen 55mph schaffen.
Abgesehen vom Essen kommt mir hier auch die lokale Kultur entgegen, Ich meine Downtown Cincinnati ist im Grunde eine Hochhausstadt wie jede andere in den USA, Wochentags überfüllt mit Geschäftsleuten und Angestellten der Wolkenkratzer. DIe Parkgelegenheiten sind komplett überteuert, aber überall präsent. Am Wochenende ist das dann komplett verkehrt, man ist fast allein (gerade Sonntags) und kann für einen Dollar den ganzen Tag parken, in einem fast leeren Parkhaus. Cincinnati ist da nicht ganz so krass da auf dem Fountain Square regelmässig lokale Events stattfinden die dann doch die Leute in die Innenstadt ziehen. Kreuzt man aber den Ohio in Richtung Covington, sieht das gleich viel angenehmer aus, Kneipen, Pubs und Restaurants die nicht in Ketten organisiert sind und tatsächlich (zu sehr moderaten Preisen) selbst kochen (braten ;D). Als Beispiel habe ich einen sehr guten Burger, den man selbst zusammenstellen konnte zu einem Preis gegessen, für den ich bei McDonalds und Konsorten weniger bekommen hätte, von Bedienung, Klima und Atmosphäre ganz zu schweigen. Hinzu kommt, da ich eigentlich nur auf Koffein richtig funktioniere, Straßencafes, in Europa mehr oder weniger völlig normal, hier nur in wenigen Städten (Portland, New York, Boston, Philadelphia) in großer Zahl zu sehen. Eine echte Erholung mit einem guten Espresso im Cafe zu sitzen und eine Zeitung zu lesen. Nur den Kuchen hier kann man wirklich nicht anbieten, meine Arterien verengen sich schon wenn ich bloss lese was da alles drin ist, aber genau dafür würde mein Sohn den Kuchen lieben. Ein Stück Kuchen deckt den Kalorienbedarf eines Bergarbeiters.
Aber das sind so die Kleinigkeiten die man bemerkt wenn man eine weile hier ist, mehr oder weniger gezwungen. Es gibt Orte in den USA die, vom Namen her, deutlich spannender klingen, es aber mit der Region hier kaum aufnehmen können. Bleibt mir dann in so gut wie jedem Gespräch zum Thema Cincinnati nebst “surrounding tristate area” das Fazit: Es ist schön hier auf die eine oder andere unterschwellige Art, aber ein Urlaubsziel ist es für Europäer sicher nicht. Es gibt gerade hier in den USA deutlich attraktivere Urlaubsziele, die auch jeden Penny wert sind. Ist man aber sowieso hier, hat man es eigentlich ziemlich gut getroffen, so man nicht auf 24 Stunden Party am Tag besteht. Es hätte viel schlimmer kommen können…
:)
Mark